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ANNETTE VON KEUDELL

Annette von Keudell ist mediale Künstlerin mit Schwerpunkt auf konzeptuellen Arbeiten, Installationen, Fotografie und experimentellem Bewegtbild. Im Mittelpunkt steht der menschliche Körper als Grenzfläche zwischen Innen und Außen – zwischen Sichtbarkeit, Konstruktion, Auslöschung und Widerstand. Sie untersucht die Beziehung zwischen Körper, Bildraum und medialer Konstruktion, insbesondere im digitalen Kontext, und analysiert gesellschaftlich geprägte Blickmuster und Zuschreibungen – im Hinblick auf den weiblich gelesenen Körper und seine Repräsentationen.

Sie studierte an der Universität der Künste Berlin bei Prof. Valie Export und wurde Meisterschülerin von Prof. Heinz Emigholz. Von Keudell lehrt transmediale Gestaltung, Dramaturgie und Feedbackmethodik an Hochschulen in Deutschland und der Schweiz. Als Dramaturgin arbeitet sie im Bereich Performing Arts mit der Fabien Prioville Dance Company, die digitale Medien und immersive Formate mit Tanz verbindet. Ihre Arbeiten wurden u. a. im Altonaer Museum, auf Kampnagel, in der Galerie Ahlers, der Photobastei Zürich und im f³ – freiraum für fotografie Berlin gezeigt.

Weitere Infos: annettevonkeudell.de

 Ausstellungstext – Übrigens: ich

Zwischen Präsenz, Identität und digitalem Verschwinden

Was bleibt, wenn der Körper nicht mehr gesehen, sondern berechnet wird? Was verschwindet, wenn Sichtbarkeit zur Bedingung von Existenz wird?
Körper werden nicht abgebildet, sondern befragt. Figuren, die erscheinen, ohne erkannt zu werden. Körper, die sich der systemischen Erfassung entziehen – fragmentiert, verspiegelt, überbelichtet, digitalisiert, entleert. Modellhaft oder künstlich, präsent und doch nicht gemeint.
In einer Gegenwart, in der Identität zunehmend indexiert, optimiert oder gelöscht werden kann, wird ein visuelles „Übrigens“ formuliert – eine Randbemerkung, die sich einschreibt, ohne sich anzupassen.
Sichtbarkeit ist kein neutraler Zustand. Sie ist reguliert, selektiv, verteilt. Es geht um Verschwinden – nicht als ästhetischer Effekt, sondern als gesellschaftlicher Vorgang. Und um Widerstand: gegen Klassifizierungen, gegen Glättung, gegen das Verschwinden unter dem Deckmantel der Repräsentation. Widerstand bedeutet hier nicht nur Konfrontation, sondern auch das Beharren auf Uneindeutigkeit, das Festhalten an dem, was sich nicht vollständig in Systeme übersetzen lässt.
Gleichzeitig wird der Versuch auszusteigen sichtbar – als anti-surveillance Geste, die das Raster unterläuft. Manche Figuren wirken wie Tarnungen, andere wie Störungen. Sie entziehen sich der maschinellen Logik, indem sie Unschärfen, Spiegelungen oder Überbelichtungen erzeugen. Sie setzen auf die produktive Kraft des Nicht-Erkennbaren. Dieses Aussteigen ist kein vollständiges Verlassen des Systems – es ist vielmehr ein Taktieren am Rand, ein Verschieben der eigenen Lesbarkeit, ein Spiel mit der Möglichkeit, übersehen zu werden.
So entsteht ein Zwischenraum, in dem Körper weder vollständig verfügbar noch gänzlich verschwunden sind. „Übrigens: ich“ ist keine Behauptung, sondern eine Störung. Ein Nachsatz. Eine Lücke im System – und vielleicht der Beginn einer anderen Sichtbarkeit.

MULTIPLE BOX - Dauer der Ausstellung: 
04. September bis 04.Oktober 2025

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